Die beste Fehlermeldung? Gar keine.
Unsere erste Aufgabe als UX-Leute ist es, schon in der Konzeptphase zu überlegen, welche Fehler bei der Nutzung unserer App oder Software auftreten können – dies geschieht idealerweise in Kollaboration mit Entwickler·innen und QA.
Einige Fehler, wie etwa eine fehlende Internetverbindung, können wir auf unserer Seite nicht ausschließen: So etwas wird vorkommen. Dafür brauchen wir also eine Fehlermeldung. Andere hingegen sind ein Hinweis auf eine Schwäche in unserem Konzept: Wenn es z. B. möglich ist, beim Buchen eines Hotels ein Abreisedatum zu wählen, das vor dem Anreisedatum liegt, dann ist dies eine vermeidbare konzeptionelle Schwäche. Hier brauchen wir keine Fehlermeldung ("Das Abreisedatum muss nach dem Anreisedatum liegen."), sondern eine Datumsauswahl, in der nur die Tage nach dem Anreisedatum ausgewählt werden können.
Die beste Fehlermeldung ist also die, die man den Nutzer·innen erspart hat. Prüft deshalb bei jeder Fehlermeldung kritisch, ob ihr wirklich nichts tun könnt, um diesen Fehler auszuschließen.
Die zweitbeste Fehlermeldung? Eine, die was nützt.
Aber was ist, wenn sich ein Fehler partout nicht vermeiden lässt? Dann kommt die heimliche Königsdisziplin des UX-Writing zum Einsatz: das Schreiben guter Fehlermeldungen. Und diese neun Tipps helfen euch dabei:
1. Gut sichtbar
Wenn ein unvermeidbarer Fehler auftritt, muss er sofort wahrgenommen und als solcher erkannt werden. Deshalb sollte das Design von Fehlermeldungen unbedingt Teil eures Design-Systems sein. Ebenso wichtig ist die Platzierung: Je näher die Fehlermeldung an der zuletzt geklickten Schaltfläche ist, desto unwahrscheinlicher ist es, dass sie übersehen wird.
2. Einfach verständlich:
Erkläre den Fehler so, dass Normalsterbliche verstehen können, was gerade passiert ist. Tabu sind Fehlercodes und technisches Jargon.
3. Keine Panik
Achte darauf, dass du in deinem Design und deiner Tonalität nicht übertreibst: Klar, es ist etwas Unerwünschtes aufgetreten. Ein riesiges rotes Kreuz und drei Ausrufungszeichen müssen es trotzdem nicht sein.
4. Nicht witzig
Ein kleiner Schmunzler kann eine Situation entspannen und für positive Emotionen sorgen – aber nur bei relativ harmlosen Fehlermeldungen (wenn man z. B. ein Bild hochlädt, das zu groß ist). Ansonsten kann Humor hier schnell negativ wirken: dass wir den berechtigten Ärger unserer Nutzer·innen nicht ernst nehmen, dass wir uns über sie lustig machen, dass wir ihre Probleme relativieren wollen.
5. Den Ausweg zeigen
Idealerweise ermächtigt die Fehlermeldung unsere Nutzer·innen, das Problem selbst zu lösen (Paradebeispiel: "Lade diese Seite neu …") und bietet dafür auch die passende Aktion gleich an, z. B. in Form eines Buttons oder Links.
6. Für alle
Inklusives UX-Design ist immer wichtig – aber wohl nirgends so entscheidend wie bei Fehlermeldungen. Stellt deshalb sicher, dass sie allen Standards der Barrierefreiheit genügen und es keine Chance gibt, das jemand sie verpassen könnte.
7. Auswirkungen transparent machen
"Was hat der Fehler bewirkt? Habe ich gerade meine Daten verloren oder wurden sie gespeichert?" Antizipiere diese Nutzerfragen und beantworte sie in der Fehlermeldung.
8. Wenn jemand schuld ist, dann wir
Achtet darauf, weder direkt noch indirekt Nutzer·innen Schuld für das Entstehen des Fehlers zu geben. Entweder sind weder sie noch wir schuld daran (wie bei einer unterbrochenen Internetverbindung) oder nur wir bzw. die Schwächen unserer Software.
9. Empathisch und positiv
Der Ton macht auch bei Fehlermeldungen die Musik: Zeige Empathie für die doofe Situation (dazu reicht oft schon ein Signalwort wie "leider"), ermutige dazu, sie zu beheben und zeige den Weg dorthin (siehe Punkt 5).
Fazit
Und wie lassen sich all diese Tipps zusammenfassen? Vielleicht in zwei Hauptpunkte: Erstens sollten wir uns immer wieder fragen, ob wir diesen Fehler nicht vielleicht doch auf unserer Seite ausschließen können. Und zweitens sollten wir uns fragen, was Nutzer·innen am meisten hilft, falls doch einmal ein Fehler auftritt.
Gute Fehlermeldungen sind deshalb so entscheidend für die gesamte User Experience, weil sie unseren Nutzer·innen in kritischen Situationen zeigen, dass wir ihnen zur Hilfe stehen und ihnen eine zuverlässige Begleitung bei ihrem Weg durch unsere Software sind. Sie sind somit eine wichtige Voraussetzung für eine vertrauensvolle Beziehung unserer Nutzer·innen zur Software.